Nach fast 2 Jahren – von der Idee über die Planung bis hin zu einer annehmbaren körperlichen Verfassung – ging es endlich los: Die Besteigung des höchsten Bergs Afrikas
19.9.2013 – Das Abenteuer beginnt
Der Flug mit KLM via Amsterdam nach Tansania lief ruhig. In gut 8 Stunden landeten wir auf dem Kilimandscharo-Airport. Das Visum für 50 Dollar ging fix und draußen wartete Ibrahim von Mauly-Tours um uns ins Hotel zu bringen.
Die 45-minütige Fahrt Richtung Moshi war… naja… amüsant. Erst stieg ich auf der falschen Seite ein. Was macht denn ein Lenkrad auf der Beifahrerseite? Ach ja, Linksverkehr, mein Fehler. Dann ging’s los. Wichtigste Teile des Kleinbusses: Hupe und Fernlicht. Wie was wann eingesetzt wurde hat sich uns nicht so ganz erschlossen, aber gut, wir haben es überlebt. Ibrahim ist ein netter Kerl und brachte uns angesagte Begrüßungsformeln auf Suaheli bei.
Die AMEG-Lodge liegt etwas vor Moshi und ist sehr zu empfehlen. Nette kleine Appartment-Hütten und Martin, Frank und ich bekamen ein sauberes Dreibettzimmer. Dann ging es direkt zum Essen. Lecker! Die Gewürze waren der Kracher und mein Chili Chicken war köstlich. Nach einem Kilimanjaro- und einem Serengeti-Bier fielen wir kaputt ins Bett.
20.09.2013 – Von Moshi, Moneten und Magenflattern
Unser freier Tag zum Eingewöhnen begann mit einem netten Frühstück. Wer hat nur diese dusselige Bergtour gebucht? Das fragten wir uns angesichts der total entspannten und entspannenden Situation. Es war herrlich. Um 11 Uhr kam unser Guide Muddy für den Mount Meru und briefte uns in 10 Minuten über die Etappen, das Essen und die Ausrüstung. Als alle Fragen geklärt waren zischte er ab und die nette Bedienung wies uns darauf hin, dass es mittags ein Buffet geben würde. Also blieben wir direkt da…
Neben den landestypischen Pasta mit Käsesauce (Witz) gab es leckere Sachen mit unaussprechlichen Namen und vielen indischen Einflüssen. Sehr, sehr lecker!
Danach ging es zu Fuß ins Zentrum von Moshi. Wir wollten Geld wechseln und einfach mal gucken. Spätestens jetzt merkte ich, dass ich in einer völlig anderen Welt war. Als hellhäutiger Mensch war man logischerweise eine Ausnahme, wenngleich Bergtouristen hier ganz normal waren. Nachdem uns ein netter Kerl zu einer Wechselstube gebracht hatte, wollte er uns noch seinen Laden zeigen. Nett wie wir sind, haben wir uns alles angeschaut. Es gab Bilder, andere Kunst & Kitsch und plötzlich waren wir umringt von 5 Männern, die uns irgendwas andrehen wollten. Martin war kurz vor der Schnappatmung und so suchten wir das Weite. Zwei der Männer folgten uns und hielten uns Bilder und Armbänder vor die Nase. Einer sagte zu mir „my brother“ und ich fragte mich kurz, wann wir denn wohl getrennt worden waren und warum meine Mutter mir nie erzählt hatte, dass ich einen Bruder habe, der Künstler ist und in Tansania lebt.
Nach einer Dreiviertelstunde waren wir im Hotel und entspannten ein wenig. Dann hieß es Sachen packen, denn morgen früh geht es in Richtung Mount Meru.
21.09.2013 – Start zum Meru und sanitäre Sorgen
Nach dem Frühstück wurden wir von unserem Guide abgeholt und zum Momella Gate gebracht. von dort aus starteten wir in Richtung Miriakamba Hut (2514 m), unserem ersten Etappenziel. Wir wurden von einem bewaffneten Ranger namens Clever begleitet. Der war dazu da, um die wilden Tiere zu verscheuchen. Wir haben Affen gesehen, Warzenschweine, Zebras, Antilopen und eine Giraffe, die nur 10 Meter von uns entfernt an einem Baum kaute. Irre!

Was guckstu?
Die Hütte war erstaunlich groß und unerwartet komfortabel. Es gab fließend Wasser, halbwegs bequeme Betten und wir wurden fürstlich umsorgt. Einzig die Toilettensituation bereitete mir Sorgen. Es gab zwar eine Keramik, die allerdings kein Sitz war, sondern ein Loch mit zwei Stellflächen für die Füße. Ich erspare die Details. Nur so viel: es war eine unbequeme Gymnastikübung erforderlich und eine pfiffige Idee, wie man die Hose aus der Schusslinie bekam.
22.09.13 – Der Little Meru zum Akklimatisieren
Wer soll das eigentlich alles essen? Fast bei jeder Mahlzeit stellte sich diese Frage. Wir wurden wirklich hervorragend umsorgt. Nach der Gipfelnacht wussten wir, warum man uns gefühlte 12 Millionen Kalorien auftischte. Aber erstmal ging es heute zur Saddle Hut (3570m). Es regnete hier und da, was aber die Landschaft keinesfalls weniger beeindruckend erscheinen ließ. Es war alles wie im Film, die Kulisse war einzigartig. Dazu kam ein Geruch von Wildtieren, ähnlich wie man ihn im Zoo wahrnimmt.
Die Etappe war sehr schön zu gehen und nach ca. 4 Stunden waren wir in der Saddle Hut. Nach einer Pause machten wir uns auf zum Gipfel des Little Meru (3800 Meter). Höher war ich bisher noch nie. Der Ausflug zum kleinen Meru diente der Akklimatisation
Beim Abendessen bereitete uns unser Guide Muddy auf die Gipfelnacht vor. Um Mitternacht sollen wir geweckt werden. Also gingen wir früh ins Bett. Geschlafen haben wir nur zwei Stunden. War es die Aufregung? War es die Höhe? Mein Herz schlug jedenfalls ordentlich schnell.
23.09.13 – Der erste Gipfel oder wie Martin sagte „Du Sch…-Berg“
Um Mitternacht klopfte einer der Träger an unserer Tür. Die kurze Nacht war vorbei. Wir packten unsere Rucksäcke und fragten uns, ob wir eigentlich bescheuert sind. Das sollte an diesem Tag nicht das letzte Mal sein. Inmitten der tansanischen Nacht starteten wir mit Stirnlampe bewaffnet in Richtung Gipfel. Und was soll ich sagen? Es war die Hölle! Neben der Kälte machten uns Lavafelder zu schaffen, auf denen man zwei Schritte vor ging und einen wieder zurück rutschte. Dazu kamen Kletterpartien, die schon ziemlich abenteuerlich waren. Nach gefühlten 8 Stunden und viel Quälerei sagte Muddy, dass wir die Hälfte geschafft hätten. Die Hälfte?! Hat der sie noch alle? Spätestens an diesem Punkt kam der Gedanke aufzugeben. Wir gingen dennoch weiter. „Never give up on the mountain“ war Muddys Motto. Je höher wir kamen, desto mehr Pausen brauchten wir. Das Atmen fiel schwer. Nach weiteren Stunden der Quälerei erblickten wir die metallene Fahne am Gipfel, dem Socialist Peak auf 4566 Metern Höhe. Das Problem: es ging noch einige Höhenmeter sehr steil bergauf und wir mussten teilweise klettern. Drei Schritte und wir machten eine Pause. Dann endlich, nach 5 zähen Stunden, erreichten wir den Gipfel. Es war unbeschreiblich und die Gefühle übermannten mich. Was war das für ein traumhaft schöner Ausblick? Hinter dem Gipfelschild der mächtige Kilimandscharo und rechts davon die aufgehende Sonne. Unbeschreiblich schön!
Blöd war nur, dass wir auch wieder zurück mussten…
Bei Tageslicht betrachtet – da waren wir uns einig – fanden wir die Antwort auf unsere Frage: Ja, wir waren bescheuert. Wenn wir im Hellen gesehen hätten, wie die Strecke aussieht, wären wir im Bett geblieben.
Nach einer Pause auf der Saddle Hut ging es noch zwei Stunden zur Miriakamba Hut. Dass wir nach diesem Tag 10 Stunden friedlichst durchgeschlafen haben, überrascht sicher niemanden.
24.09.2013 – Tierischer Abstieg
Tiere, Tiere, Tiere! Der Abstieg zum Momella Gate war toll. Ein entspannter zweistündiger Spaziergang zum Ausgangspunkt der Tour. Wir haben Giraffen gesehen, Zebras, Affen, Warzenschweine und irgendwelche Springböcke. Der Höhepunkt war dann eine Büffelherde, die fast direkt auf unserem Weg stand. Ranger und Guides wurden merklich nervöser. Das Gewehr in der Hand ging der Ranger langsam weiter. Die Büffel glotzten uns an. Der Ranger lud das Gewehr durch. Die Büffel suchten das Weite. So kamen wir glücklich und zufrieden am Momella Gate an und bekamen unsere Gipfel-Urkunden.
Die erste Dusche nach der Tour war eine Wohltat! Nach dem Abendessen in der Lodge kam Bernd mit dem Flieger an. Jetzt waren wir komplett.
25.09.13 – Die Meru-Monster und der mit den Hummeln im Hintern
Bernd war geschockt. Er beobachtete uns und schüttelte immer wieder den Kopf oder schlug die Hände vor dem Gesicht zusammen. Oder beides. Drei Kerle, gezeichnet von der Meru-Besteigung, stöhnten bei der kleinsten Anstrengung. Selbst der Weg zum Buffet war zu weit. Bernd hingegen hatte Hummeln im Hintern. Martin, Frank und ich hielten es mit wenig Bewegung und viel Entspannung. Essen, schlafen und ein bisschen packen. Das war’s.
26.09.2013 – Der Magen rebelliert
Der Magen rebelliert. Nach dem Aufstehen fühle ich mich nicht gut. Bernd gibt mir freundlicherweise Elektrolyte und ich versuche mich wann immer es geht auszuruhen. Mist. Das direkt am ersten Tag der Kili-Besteigung.
Wir werden von der Lodge abgeholt und ins Büro von Mauly Tours gebracht. Dort bekommen wir unseren Wasservorrat für den Tag. Nachdem alles soweit erledigt ist, machen wir uns auf zum Machame Gate. Dort treffen wir zum ersten Mal unseren fünften Mitwanderer Heiko. Er ist nett, aber anders. Später mehr.
Nach längerer Wartezeit am Gate – das Gepäck wurde gewogen, die Mannschaft registriert – ging es endlich los. Mit Magenproblemen ist die Strecke kein Spaß. Auch die reizvolle Landschaft führte nicht dazu, dass es mir besser ging. Aber irgendwie lief es halbwegs. Ich war heilfroh im Machame Camp (2980 m) angekommen zu sein. Schon beim Abendessen fielen mir die Augen zu, obwohl Heiko aus sämtlichen Körperöffnungen musizierte. Um 19 Uhr fiel ich todmüde ins Bett. Naja, auf die Luftmatratze, es war ja schließlich die erste Nacht im Zelt. Ich schlief im FC Köln-Zelt (mit FC-Fan Bernd) ähnlich gut wie die Kölner Abwehr zu Beginn der Saison verteidigt hatte. Fast gar nicht.
27.09.13 – Die zwei Varianten des Entlüftens
Der Schlaf tat wahnsinnig gut. Ich war wieder fit für die nächste Etappe zum New Shira Camp (3830 m). Die war mit knapp 7km recht kurz, dafür aber ziemlich steil. Wir gingen extrem langsam, was mir extrem entgegen kam. Es ging zu 95% bergauf und zwar ordentlich. Zwischendurch erwischte uns ein zünftiger Hagelschauer, der sich zu einem fiesen Dauerregen entwickelte. Unterwegs fragte Bernd Heiko, was er denn da rektal so alles entfleuchen ließ und Heiko schob die Schuld auf irgendwelche Helicobacter-Bakterien. Er hätte zwei Möglichkeiten die Luft rauszulassen. Untenrum oder per Rülpsen. Er habe sich im Vorfeld für untenrum entschieden. Jeder so wie er es mag.
Der Anstieg wollte kein Ende nehmen. Eigentlich nicht schlimm in so einer märchenhaften Umgebung. Aber im Regen ständig bergauf zu gehen war kein Spaß. Unterwegs hatte Heiko seine Kamera liegen lassen und ging nochmal zurück. Das kostete uns eine knappe Stunde. Die Kamera tauchte nicht wieder auf.
Nach einer sehr interessanten aber auch anstrengenden Etappe erreichten wir das New Shira Camp. Dort gab es erstmal warmes Wasser zum Waschen und das übliche Popcorn zur Teatime.
Wir liefen dann noch zur Shira Cave und ein paar Höhenmeter weiter, um ein bisschen was für die Akklimatisierung zu tun. Danach ging es ins Bett, so gegen 8. Was will man sonst auch machen in einem kalten und nebligen Zeltlager?
28.09.13 – Rasieren in 4000 Metern Höhe
Dieser Tag ist zum Akklimatisieren gedacht. Vom Shira Camp ging es in das fast gleich hoch gelegene Barranco Camp (3950 m). Allerdings führte die Etappe zum Lava Tower, der auf 4600 Metern liegt. Damit waren wir noch ein paar Meter höher als der Meru-Gipfel.
Immer mal wieder blitzte auf der heutigen Etappe der Kibo, der höchste Gipfel, durch den Nebel oder die Wolken oder beides. Wir wurden uns dann immer bewusst, wie hoch dieses Teil doch tatsächlich ist. Die Träger zogen rechts und links an uns vorbei. Sie trugen neben Rucksäcken noch Packsäcke auf dem Kopf. Nicht zu glauben, was diese Männer leisten.
Das Wetter war so lala. Es war neblig, aber immerhin trocken. Bernd und ich sangen auf dem Weg Kölsche Lieder. Das kam nicht so gut an. Im Camp erfuhren wir dann per SMS von Bernds Frau, dass unser FC 1:0 gewonnen hatte und Tabellenführer ist. Die Welt steht also noch.
Ein weiteres Highlight war dann Martins Rasur. Seit 25 Jahren rasierte er sich trocken. In fast 4000 Metern Höhe dann nass und das mit einem Einwegrasierer und einem Spiegel so groß wie eine Zigarettenschachtel. Wir befürchteten das Schlimmste. Es ging aber alles glatt und Martin erschien frisch rasiert im Essenszelt.
29.09.13 – Panorama & Pommes
Pommes auf 4000 Metern! Der Hammer!
Wir wurden von der Sonne geweckt. Unter uns eine geschlossene Wolkendecke, über uns der mächtige Kibo. Eine wahnsinnige Aussicht, auch wenn die Nacht ziemlich schattig war. Die Zelte waren von einer dünnen Eisschicht überzogen.
Nachdem wir die ziemlich steile Barranco Wall bezwungen hatten, ging es erst relativ entspannt weiter. Plötzlich erschien das Karanga Camp (3950 m). Blöd nur, dass zwischen uns und dem Camp noch ein Tal war. Also knapp 150 Höhenmeter runter und knapp 150 Höhenmeter wieder rauf. Warum stand das nicht in der Reisebeschreibung? Da hatten wir uns die Pommes redlich verdient.
30.09.13 – Das Base Camp
Die heutige Etappe war mit 4 Stunden Gehzeit relativ kurz. Die Nächte auf 4000 Metern waren ok, aber wir wollten trotzdem früh ins Camp, um uns vor der Gipfelnacht einigermaßen zu erholen und so viel Energie wie möglich zu haben. Das letzte Camp vor dem Gipfelsturm war das Barafu Camp auf 4600 Metern Höhe. So langsam war Schluss mit lustig und wir ahnten, dass es eine Nacht gänzlich ohne Schlaf werden musste. Am Meru war der Gipfel auf 4566 Metern, jetzt übernachteten wir sogar noch einen Tacken höher. Die Etappe war hier und da mal recht steil, aber grundsätzlich ok. Es gab wieder so eine lustige „Talfahrt“, bevor wir an einer Mini-Breakfast Wall recht steil ins Camp hoch mussten. Unsere Zelte standen relativ weit oben im Camp, was uns aber in der Gipfelnacht bestimmt 15 Minuten Zeitersparnis einbrachte. Das Camp liegt an einem für einen Zeltplatz recht steilen Gelände und die Leute in den Zelten ganz unten mussten ein ordentliches Stück mehr laufen. Naja, bei knapp 7 Stunden in der Gipfelnacht macht das den Braten auch nicht fett. Ich habe mich trotzdem gefreut.
Wir kamen also relativ früh im Camp an und unsere weltbeste Bergmannschaft hatte schon wieder alles aufgebaut. Die Zelte, das Essenszelt, das Klozelt und das Küchenzelt, aus dem es schon dampfte. Wir waren aufgrund der kurzen Etappe schon zum Mittagessen da und das wurde uns dann auch kredenzt. Danach schickte man uns ins Bett. Ich bin ja auch langsam in dem Alter für ein Mittagsschläfchen… Richtig geschlafen hat – so glaube ich – keiner von uns. Die Höhe und die Aufregung vor der alles entscheidenden Gipfelnacht machten einen tiefen Schlaf unmöglich. Ein bisschen rumgedöst haben wir, bis es um 18 Uhr Abendessen gab. Für manche ein erstrebenswerter Tagesablauf: Essen, schlafen, essen. Nach dem Essen bekamen wir unser Briefing für die Gipfelnacht. 23 Uhr Wecken, Start um Mitternacht. Na herzlichen Glückwunsch. Nach dem Essen ging es tatsächlich wieder ins Bett, bzw. auf die Luftmatratze. Es war sehr laut im Camp, so dass an Schlaf nicht zu denken war. Um 23 Uhr „klopfte“ der weltbeste Kellner Ohi ans Zelt. Es ging los…
01.10.13 – Das ist ja der Gipfel!
1300 Höhenmeter in stockdunkler Nacht und bei frostigen Temperaturen. Ja, ich bin bescheuert und nenne sowas Urlaub. So gegen 23:15 Uhr trafen wir uns im Essenszelt für unsere Henkersmahlzeit. Zumindest sahen wir so aus, als befürchteten wir das Schlimmste. Geredet wurde nur das Nötigste. Welche Klamotten ziehen wir an? Welche kommen in den Rucksack? Und dann drängten Mathew, Anwary, Philipo und unser Summit Porter David zum Abmarsch. Fast direkt an unserem Zelt stand eine Stirnlampen-Armada aus schätzungsweise 50 Menschen. Junge Asiaten, die direkt ohne Rucksack starten (die haben sie freundlicherweise ihren Guides „überlassen“), kleine Gruppen, größere Gruppen, junge Menschen, ältere Menschen – die Schlange war bunt gemischt. So kam es, dass eine ältere Dame schon nach 20 Metern im Felsen hing und hochgeschubst werden musste. Aus unserer Gruppe schallte ein lautes „Oh wei Oh wei“ in Richtung der Dame. Ich nenne mal keine Namen, aber ich musste innerlich schon laut lachen, Martin.
Dann ging es irgendwann mal voran und die Schlange entzerrte sich. Es war enorm wichtig, einen Rhythmus zu finden. Gehen in Superzeitlupe und – das hatte ich am Meru gelernt – atmen! Das richtige Atmen war für mich der Schlüssel. Mit jedem Schritt atmete ich tief ein. Der Sauerstoffgehalt lag bei ca. 50% im Vergleich zum Sauerstoffgehalt auf Meeresniveau. Also versuchte ich, möglichst viel Sauerstoff in meine Lungen zu kriegen. Gerade Felsenstufen kosteten viel Kraft und ich atmete wie ein brünftiger Hirsch mit Asthma. Das war mir aber egal, denn ich fühlte mich dadurch besser. Schritt für Schritt ging es aufwärts, Stunde um Stunde. Der Mond war auf Augenhöhe. Jetzt bloß nicht auf irgendeine Uhr gucken oder fragen wie hoch wir sind. Das dämpft nur die Motivation. Auch die Stirnlampen über uns waren demotivierend, denn sie zeigten, wie steil es war. Also einfach nach unten auf den sandigen Boden gucken und das Gehirn ausgeschaltet lassen. Im Gegensatz zum Meru blendete ich fast alles aus und verlor jegliches Gefühl für Raum und Zeit. Ich achtete nur auf die Zeichen meines Körpers und atmete. Je höher wir kamen, desto kopulationsbereiter wurde ich. Also zumindest wenn man das Bild des brünftigen, asthmatischen Hirsches weiter verfolgt. Von den anderen hörte man recht wenig. Martin atmete auch „anders“ als normal und hatte seinen MP3-Player laufen. Manchmal reckte er die Arme nach oben und gab sich wie Joe Cocker auf Ecstasy der Musik hin. Bei Bernd und Frank lief es einigermaßen, nur Heiko hatte Problemchen und brauchte mehr Pausen. Er war aber immer in Sichtweite.
Irgendwann fing Anwary an zu singen. Das hat irgendwie geholfen und war willkommene Abwechslung. Dann fing er an uns zu motivieren. Bis zum Stella-Point, dem Kraterrand, sei es nicht mehr weit. Wow, das kam etwas überraschend. Und plötzlich war es da. Das Schild „Stella Point“ auf 5739 Metern. Unfassbar! Hier galt der Kilimandscharo als bestiegen und es waren nur noch 45 bis 60 Minuten bis zum Gipfel. Ich glaube uns allen ist klar geworden, dass wir es nun schaffen würden! Ich persönlich hatte das Gefühl, dass die letzten Höhenmeter sowas wie die Kür werden würden. Leichtfüßig steigerte ich das Tempo und lustwandelte durch die Dunkelheit. Kam nicht gut. Also zumindest nicht bei meinem Körper. Der sagte „Junge, Du hast nen Schaden“ und bestrafte mich mit Atemnot und Schwindel. Gut, dachte ich, lassen wir es wieder langsam angehen. Die Argumente waren recht überzeugend.
Der Anstieg war jetzt relativ harmlos, wenn auch nicht der gewünschte Spaziergang. Es wurde langsam heller und so kamen die (noch) mächtigen Gletscherfelder ins Sichtfeld. Ein Wahnsinnsgefühl. Diesen Anblick kannte ich nur aus Büchern oder Videos. Jetzt stand ich höchstselbst hier und durfte den Anblick genießen. Einfach irre und unbeschreiblich. Mir schossen immer wieder Tränen in die Augen. Nach den Strapazen hatten wir es nun geschafft. Dann kam auch das Gipfelschild immer näher und ziemlich geschafft aber überglücklich machten wir die Gipfelfotos.
Ein Traum ging in Erfüllung, wir standen auf dem Gipfel des Kilimandscharo, des höchsten Bergs Afrikas, einem der Seven Summits. Ein Jahr lang hatten wir geplant, trainiert und philosophiert und nun war es Realität geworden. Da lagen sich erwachsene Männer heulend in den Armen – herrlich!
Am selben Tag ging es erst zum Barafu Camp und dann über die Mweka-Route ins Mweka-Camp auf 3100 Meter. Also fast 3000 Höhenmeter wieder abwärts.

Gott sei Dank haben wir so ein Ding nicht gebraucht
Irgendwann hatten wir auch das geschafft und waren noch kaputter, immer noch glücklich und vor allem froh jetzt endlich ein paar Stunden am Stück schlafen zu können. Das Camp war herrlich im Regenwald gelegen, ich konnte die Zelte aber ehrlich gesagt nicht mehr sehen und war froh, dass das die letzte Nacht war. Das Bett in der AMEG-Lodge rief ganz laut meinen Namen, ich konnte es bis da oben hören.
02.10.13 – Der letzte Tag am Berg
Eine Nacht drüber geschlafen und es war immer noch nicht zu fassen. Wir waren oben. Heute ging es ganz runter bis zum Mweka Gate auf 1800 Metern. Schön entspannt drei Stunden durch den Regenwald und ab in die Lodge. Was war das für ein Luxus! Fließendes Wasser, nach 7 Tagen die erste Dusche, wow! Abends hatten wir unsere Guides eingeladen. Wir hatten einen tollen Abend mit ordentlich Kilimanjaro-Bier und haben dort auch unsere Gipfel-Urkunden bekommen. Ein klasse Abschluss einer irren Tour!
- Giraffe am Mount Meru
- Der Gipfel des Meru (4566m)
- Sonnenaufgang am Meru
- Klamotten sortieren vor dem Kili
- Platt im Essenszelt am Kili
- Flora am Kili
- Guides und Koch – ein geniales Team!
- Das Küchenzelt
- leicht geschafft…
- Traumhaft!
- Stella Point
- Der FC auf dem Kili
- Auf dem Kili
- Über den Wolken
- Finale in der Lodge